„Man schlug mir vor, ins Hammam oder türkische Bad zu gehen (…) Wir
traten in ein weites hohes Gebäude, in dessen Mitte ein Springbrunnen
plätscherte (…) Ich verspürte nicht die geringste Versuchung, nur das
kleinste Stück meiner Toilette abzulegen; überdies sah ich überhaupt
keine Badewanne (…) Der Badewärter, der in unseren bedenklichen Mienen
las, führte uns in ein zweites Gewölbe, in dem schon eine ganz
anständige Hitze war. Hier bedeutete man uns durch Zeichen, dass wir uns
entkleiden möchten; man wickelt sich ein halbseidenes blaues Tuch um
die Hüften und bekommt ein Handtuch als Turban um den Kopf, von dem
angenommen wird, dass er nur aus Versehen nicht geschoren ist. Nach
dieser Einkleidung schob man uns in eine dritte gewölbte Halle hinein,
deren marmorner Fußboden so stark geheizt war, dass man ihn nur auf
hölzernen Pantinen (Galendschi) betreten konnte. Unter der Mitte der
Kuppel (…) erhebt sich ein zwei Fuß hohes Plateau mit Marmor, Jaspis,
Porphyr und Agat reich ausgelegt, auf welches man sich behaglich
hinstreckt.
Der Telektschi oder Badewärter schreitet nun zu einer ganz eigentümlichen Prozedur. Der ganze Körper wird gerieben und alle Muskeln gereckt und gedrückt. Der Mann kniet einem auf der Brust oder fährt mit dem Knöchel des Daumens über das Rückgrat; alle Glieder, die Finger und selbst das Genick bringt er durch eine leichte Manipulation zum Knacken. (…) Man begibt sich nun in die kleinen, noch stärker erwärmten Zellen, welche die große Halle umgeben. Hier sprudelt klares Wasser in Marmorbecken, und zwar nach Belieben, aus zwei Hähnen, warmes und kaltes. Der Patient wird nun demselben Verfahren unterworfen wie die türkischen Pferde beim Striegeln, indem nämlich der Wärter einen kleinen Sack aus Ziegenhaar über die rechte Hand zieht und damit den ganzen Körper anhaltend überfährt. Dies ist allerdings eine gründliche Reinigung, und man möchte sagen, dass man noch nie gewaschen gewesen ist, bevor man nicht ein türkisches Bad genommen hat. Der Telektschi erscheint nun aufs Neue mit einer großen Schüssel mit wohlriechendem Seifenschaum. Mittels eines großen Quastes aus den Fasern der Palmrinde seift er seinen Mann vom Scheitel bis zur Fußsohle, Haare, Gesicht, alles ein, und mit wahrem Vergnügen gießt man sich dann das kalte Wasser über Kopf, Brust und Leib. (…) Wir streckten uns nun in der Eingangshalle so behaglich hin, wie wir es von den Türken sahen.“
– Helmut von Moltke: Unter dem Halbmond. Aus den „Briefen über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839“, zitiert nach Project Gutenberg
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen