Freitag, 14. Oktober 2016

Marrakesch - die nördliche Medina

Ich wurde früh am Morgen aufgeweckt mit einer männlichen Stimme, die wie ein Märchenerzähler in mein Zimmer erfüllte. Über zwei Stunden konnte ich nichts über die fremdartigen Rufe verlieren. Aber es blieb das Wort "Allah", um dieses kam ich nicht herum. 
Die Sonne ging auf und mein Zimmer wurde in rote, grüne, blaue und orange Farbe getaucht. Wunderbar auf diese Art geweckt zu werden.

Ohne den Djamaa el-Fna zu betreten komme ich nicht in die Souks. Die UNESCO machte diesen Platz 2001 als erstes zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit. Gestern hätte ich diesen Platz als weltgrößtes Kuddelmuddel bezeichnet. Es muss hier etwas geben und ich werde dieses Etwas suchen. Am Vormittag ist der Platz ruhig und die Verkäufer von Saft, Henna-Zeichnungen und Co lassen ihre Geschäftigkeit langsam aufkeimen. Ein paar Fotos alles gut.

Auch die Souks sind am Vormittag handzahm. Freundlich und Leise. Der kleine Platz am Geflügelsouk ist lauter. Die Hühner und Hennen schreien und gackern. Einige der armen Tiere liegen am Boden und die Beine von 10 Leidensgenossinnen sind zusammengebunden, sie können sich nicht bewegen. Über die Vogelgrippe mach ich mir in Österreich keine Sorgen mehr. Der üble Geruch und das unendliche Mitleid lassen mich mit hängendem Kopf gehen.

Einer schmalen Gasse entlang über einem unscheinbaren Eingang ausgeschildert geht ist in ein Kleinod. Es soll das älteste Wohnhaus der Stadt sein. Abdellatif Ait Ben Abdallah hat dieses Hofhaus mit äußerstem Fingerspitzengefühl restauriert und renoviert. Es gibt hier Lesungen und sonstige Kulturveranstaltungen auch in Zusammenarbeit mit dem Dialogpunkt Deutsch. Ich fand ein Buch von Vicki Baum, alleine dieser Fund hat mich schon sehr gefreut.

ist die bedeutendste Koranschule und auch in einem der ältesten Gebäuden der Stadt. Es war ein religiöser Lehr- und Wohnort bis 1960. Heute ist es ein Museum. Der Innenhof winkt mit vielen Farben an den Wänden und auch wichtige Informationen über Allah. Im Obergeschoß sind 132 Kammern zu sehen in denen zwei bis drei Studenten wohnten. In Wien würde man sagen Kammerln, weil so klein.

ist in einem wunderschönen weißen Haus und beherbergt 3000/4500/8000 (die Recherche brachte keine genaue Zahl – es sind viele, viele) historische Fotografien aus privaten Sammlungen zusammengetragen. Sie werden in Ausstellungshappen präsentiert mit Schwerpunktthemen. Es handelt sich um Fotos aus den Jahren 1870 bis 1950. Es werden Menschen, Städte, Architektur und Traditionen Marokkos zum Besten gegeben. Auf den ersten schnellen Blick scheinen viele Fotos so, als wären sie erst vor Minuten in der Medina aufgenommen worden. Erst bei einer genaueren Betrachtung fallen die unterschiedlichen Zeitdetails auf.



Das Essen auf einer Dachterrasse, eine marokkanische Salatvariation einfach toll.

Themperatur: angenehme 24°C, Sonne und wolkenlo











Djamaa el-Fna in der Abendstimmung:
Dichter und Schriftsteller haben schon seit langer Zeit immer wieder versucht, das Geheimnis Djamaa el-Fna zu lüften. Es ist das Herz der Stadt immer schon gewesen, das Einheimische, Fremde, Nomaden auf der Durchreise, Karawanen und Reisende zur Unterhaltung, Ablenkung, Einkauf und Lehre dienen.

Es ist ein kaum angemessener Übersetzungsversuch zu sagen: „Platz der Geköpften“ oder „Versammlungsort der Toten“. Fna aus der Sufi-Philosophie bedeutet so viel wie Entwerdung“ was wiederum so viel bedeutet wie „Auflösung des Ichs im Ganzen“. Es werden auch gerne andere Metaphern verwendet wie „die Tropfen die im Meer aufgehen“ oder „das Verschwinden eines Schattens im Sonnenlicht“.

Jahrmarkt ist auch ein falsches Wort, denn hier gibt es Spiel und Ernst. Es ist ein Tanz- und Lehrort, es ist eine Arena für Darsteller und Zuschauer. Es menschelt hier unglaublich. Heute Abend konnte ich ihn einsaugen und verstehen.





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